Kaufhausneubau
mit Händeldenkmal im Vordergrund, rechts
angeschnitten das Barockhaus Marktplatz 23
Aufn.: Schütze-Rodemann
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Der Marktplatz von Halle
(Fortsetzung S. 3 von 4)
Bereits 1991 war ein Wettbewerb zur Neubebauung
der Südwestecke durch die Commerzbank
ausgeschrieben avantgardistische Entwürfe
provozierten kontroverse Meinungen und blieben
dann zunächst jahrelang liegen. Schneller
entwickelte sich das Geschehen an der Nordseite,
ohne Wettbewerb und trotz Denkmalschutz erhielt
der Kaufhof 1993 die Genehmigung zum Abriss des
Kaufhauses Huth und zur Errichtung eines Neubaus,
dessen Gestaltung der Öffentlichkeit erst
vorgelegt wurde, als Änderungen kaum noch möglich
waren. Der architektonische Auftakt der
Nachwendezeit auf dem Markt geriet so zum
Desaster, in seiner vollkommenen
Disproportionierung erreicht das Kaufhofgebäude
nicht im entferntesten die Qualität seines Vorgängers
aus den 20er Jahren, der Preis für die fraglos
dringend notwendige Neubelebung des innerstädtischen
Handels war hoch.
Ebenfalls 1993 wurde ein erster Wettbewerb zur
Bebauung der Ostseite ausgeschrieben, ein
Verwaltungsbau sollte wieder den Platz des alten
Rathauses einnehmen. Keiner der zehn Entwürfe
schlug den Wiederaufbau vor, einige griffen
allerdings Elemente der Silhouette auf. Das
Projekt wurde nicht weiterverfolgt, da der Bau
des benötigten Technischen Rathauses an anderer
Stelle preiswerter realisierbar war und die
Meinungen zwischen Neubau oder Wiederaufbau zu
weit auseinandergingen.
Die Commerzbank begann schließlich 1996 an der Südwestecke
zu bauen. Anfänglich war ein kühner Glasturm
konzipiert, der in seiner Grundgestalt an die
alte Börse erinnern und den Platz
abschließen sollte. Das Projekt erwies sich aber
als statisch nicht durchführbar, der statt
dessen nun vorgeschlagene klobige Betonturm stieß
auf Ablehnung so beschränkte sich die
Commerzbank (sicher auch aufgrund mittlerweile
korrigierter wirtschaftlicher
Entwicklungsprognosen) auf eine Randbebauung, die
bogenförmig vom Platz flieht und in deren
Glasfassade sich der gegenüberliegende
Plattenbau spiegelt. Die gelungene Sanierung des
anschließenden gründerzeitlichen Eckgebäudes
ist dem Unternehmen zugute zu halten, das städtebauliche
Problem der Südwestecke bleibt nach wie vor
ungelöst.
Weitere Gebäude am Marktplatz wurden nach und
nach saniert: das Stadthaus und der Ratshof 1993/94,
das Jugendstilkaufhaus 1996 durch die Bayerische
Vereinsbank als Bürogebäude, das ehemalige
Kaufhaus Lewin 1998 durch Wöhrl, die
Renaissancehäuser 15 und 17 auf der Nordseite im
Jahre 2000 durch private Investoren und schließlich
die Marktkirche, deren Turmpaare bereits
fertiggestellt sind, an deren Dach momentan aber
noch gearbeitet wird. Neben der Substanzsicherung
ist mit den Sanierungen auch eine wesentliche
optische Verbesserung des Platzeindrucks
verbunden.
Ein 1997 ausgeschriebener städtebaulicher
Ideenwettbewerb zur Gesamtgestaltung des
Marktplatzes brachte interessante Ideen, statt
einer kompletten Schließung der Ostseite wurden
hierbei mehrfach einzelne kleinere Baukörper
vorgeschlagen, die eine Gliederung des Platzes
zum Ziel hatten. An eine sofortige Realisierung
war bei diesem Wettbewerb nicht gedacht, es ging
um die Sammlung von Vorschlägen, wie auch bei
der Einbeziehung des Marktplatzes in ein städtebauliches
Planspiel, welches das Bundesbauministerium im
Jahre 2001 initiiert hatte. Zwei Gruppen von Bürgern
widmeten sich dabei wiederum Gestaltungsvorschlägen.
Mit der Auslobung eines Investorenwettbewerbes für
die Bebauung der Nordostecke, den Standort der
ehemaligen Wage, sollte 1998 ein neuer Weg
gegangen werden. Die Beteiligten mussten neben
einem architektonischen Entwurf auch eine tragfähige
Nutzung nachweisen. Die Forderung nach
erstklassiger Architektur und städtebauliche Überlegungen
traten allerdings bald völlig in den
Hintergrund, als sich herausstellte, dass die
sehr großzügige Freigabe von Grundstücken in 1A-Lage
beide große Kaufhauskonzerne auf den Plan
gerufen hatte. Diese gingen in ihren Forderungen
nun noch wesentlich weiter und übten Druck auf
Verwaltung und Stadtrat aus, so dass die
Stadtplanung zeitweise völlig ins Abseits geriet.
Besonders die Forderungen Karstadts setzten sich
vollständig über die ursprünglichen
Wettbewerbsbedingungen hinweg und wurden mit der
Drohung untersetzt, die Stadt im Falle des
Unterliegens zu verlassen. Beide Entwürfe sind
mit starken Eingriffen in die Stadtstruktur und
dem Abriss von Baudenkmalen verbunden, von der
Stadt ohne Not provoziert, während in
unmittelbarer Nähe große Flächen brach liegen.
Die Bestätigung des ursprünglichen
Siegerentwurfs vom Investor Frankonia für die
Erweiterung des Kaufhofs bedeutet dabei eine
Entscheidung für die glimpflichere Variante (u.
a. ohne riesige Tiefgarage). Im Ergebnis von
zahlreichen Nachbesserungen bietet der
konzipierte Baukörper eine durchaus
spannungsreiche Kubatur, mit entschieden höherem
Anspruch als der alte Kaufhof, setzt aber stark
auf Konfrontation, nicht Vermittlung mit der
Umgebung. Beseitigt werden dabei auch noch die
letzten Mauern des alten Wagegebäudes und
Investor und Architekt fordern nachträglich
massiv die Abrisserlaubnis für ein denkmalgeschütztes
Eckgebäude, das in seiner äußeren Erscheinung
vom Klassizismus geprägt ist, im Kern aber
Bausubstanz wahrscheinlich der Renaissance,
zumindest des Barock enthält. Eine
spannungsreiche Integration des Hauses als
Herausforderung zu begreifen ist eine den
Beteiligten offensichtlich fremde Vorstellung. Fortsetzung
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