MARKTPLATZ     

Thema > Marktplatz > Der Marktplatz von Halle

zurück zur Übersicht

 
[ 1 2 3 4 ]

Der Marktplatz von Halle

H. Löhr


(S. 1 von 4)
 










Südostecke des Marktplatzes
Aufn.: Stadtarchiv






































Nordseite des Marktplatzes um 1900, zentral die Marktfassade des Kühlen Brunnen, rechts davon der „Blaue Hirsch“
Aufn. : Stadtarchiv
Die auch jenseits der Stadtgrenzen bekannteste Ansicht von Halle ist die der Fünf Türme, die den Marktplatz dominieren – die beiden Turmpaare der Marktkirche, überragt vom freistehenden Roten Turm. Diese in Deutschland so nicht wiederkehrende Silhouette begründet heute die zentrale Bedeutung des Platzes in der Wahrnehmung. Zudem ist der hallesche Markt in der weitgehend erhaltenen mittelalterlichen Struktur der Altstadt nach wie vor das tatsächliche Zentrum, in höherem Maße als in manch anderer Stadt, als Knotenpunkt des städtischen Nahverkehrs, Kreuzung der Einkaufsstraßen, Handelsplatz, Sitz der Verwaltung, kirchliches Zentrum und Veranstaltungsort. Seine außerordentliche Größe befähigt ihn grundsätzlich zur Aufnahme dieser vielfältigen Funktionen, sein gegenwärtiges Erscheinungsbild wird dem daraus erwachsenden Anspruch jedoch im Ganzen nicht ausreichend gerecht. Seit Jahren werden Projekte und Ideen diskutiert, daran etwas zu ändern – die Lösungsvorschläge könnten teilweise gegensätzlicher kaum sein. Um ihren Wert einschätzen zu können, ist es notwendig, die wechselhafte Geschichte des Platzes zu betrachten, die zu dem gegenwärtigen Eindruck von Zerrissenheit geführt hat.

Der heutige Marktplatz liegt auf der Kreuzung mehrerer alter Handelsstraßen, vor dem nördlichen Tor der Stadt entwickelte sich der Marktverkehr hier wahrscheinlich schon im 11.  Jahrhundert. Erst die Stadterweiterung um 1120 jedoch machte das Areal zum neuen städtischen Mittelpunkt, der den Alten Markt ablöste. Die Bebauung entwickelte sich entlang der Fernstraßen, den westlichen Abschluss bildete die Marienkirche mit ihrem Kirchhof. Im Unterschied zu anderen Städten hat der hallesche Marktplatz also keine planmäßige Anlage erfahren, was sich in der unregelmäßigen Platzbegrenzung bis heute widerspiegelt.

Nach einem Stadtbrand 1312 wurde das Rathaus an den Platz verlegt und daneben ein massiver feuersicherer Archivturm zur Aufbewahrung der städtischen Urkunden errichtet, dessen Fundamente bei archäologischen Grabungen an der Nordostecke des Platzes in diesem Jahr zu Tage traten. Die übrige Bebauung bestand aus Bürgerhäusern und einer großen Zahl von einfachen Verkaufsbuden, die wenig Platz für den Verkehr ließen. Herausragendes Bauwerk des 15. Jahrhunderts ist der Rote Turm, als repräsentativer Glockenturm neben der Marienkirche erbaut.

Tiefgreifende Veränderungen im Aussehen des Marktplatzes brachte das 16. Jahrhundert, nicht zuletzt durch das Wirken Kardinal Albrechts. Er ließ die hintereinander stehenden Kirchen St. Marien und St. Gertrauden unter Verwendung der beiden Turmpaare zu einer prächtigen spätgotischen Hallenkirche umbauen. Die Buden wurden vom Rat aufgekauft und abgerissen, die Platzfronten mit neuen großen Bürgerhäusern bebaut. Mehrere davon haben sich auf der Nordseite erhalten, das sog. Marktschlösschen hat seine Renaissancegestalt bis heute bewahrt. Von besonderer Bedeutung ist das Stadtpalais des Hans von Schönitz, der Kühle Brunnen, das sich als großartiger Gebäudekomplex von der Marktfront bis weit ins Innere des Quartiers erstreckt. Auch die Ostseite veränderte ihr Aussehen, das gotische Rathaus wurde durch den Ratsbaumeister Nickel Hoffmann eindrucksvoll umgebaut und daneben entstand unter Einbeziehung des Archivturms das Wagegebäude. In dieser Gestalt hat sich der Platz im wesentlichen bis ins 19. Jahrhundert erhalten, Ausdruck bürgerlicher Repräsentation und städtischen Selbstbewusstseins, stilistisch in einer Blütezeit geprägt, die die Stadt so nicht wieder erleben sollte.
Fortsetzung

[ 1
2 3 4 ]