Stuckdecke im 1. Obergeschoß (Aufnahme: C.
Feigl)
Barockes Sprenggiebelportal im Hof (Aufnahme: C.
Feigl)
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Die Fassade zum
Markt und die Giebel sind massiv mit
Bruchsteinmauerwerk ausgeführt, die Hoffassade
dagegen in Fachwerk. An der inneren Trennwand
lassen sich unter dem Putz noch die typischen
Farbfassungen der Renaissance nachweisen:
schwarze (Kasein-) Farbe auf den Balken und weiß
gekalkte Fächer mit schwarzem Begleitstrich. Das
Erdgeschoß wurde in den letzten Jahrhunderten
mehrmals umgestaltet. Über die urprüngliche
Form könnte im Zusammenhang mit der Sanierung
eine weitere Untersuchung Aufschluß geben. Heute
wird das Erdgeschoß durch einen Gang in
zwei Ladenräume geteilt. Der östliche ist mit
einer qualitätvollen Kassettendecke aus dem
ersten Viertel unseres Jahrhunderts ausgestattet.
An den Randbereichen lassen sich darunter noch
Reste einer Renaissancefarbfassung erkennen. Der
westliche Raum besitzt zum Markt zwei große
Arkadenfenster, die durch eine steinerne Halbsäule
mit reich skulptiertem Kapitell geteilt sind.
Der hintere Teil des Raumes ist durch ein
zweijochiges Kreuzgratgewölbe überspannt. Das
zweite Joch befindet sich bereits im Seitenflügel.
In historischen Abbildungen ist immer wieder eine
Freitreppe mittig vor dem Haus zu sehen, woraus
sich schlußfolgern läßt, daß das
Marktniveau ca. einen Meter tiefer gelegen
hat.
1734/35 wurde die Fassade um eine Etage
aufgestockt. Dabei wurde der Dachstuhl im
vorderen Teil wesentlich, teilweise unter
Verwendung der alten Hölzer, verändert. Im
Inneren wurden straßenseitig Raumteilungen
vorgenommen und die Räume barock ausgestaltet.
Im Dachgeschoß haben sich einige barocke Türen
erhalten. Eine sehr qualitätvolle Stuckdecke im
sog. Regentschaftsstil, ebenfalls aus dem ersten
Drittel des 18. Jahrhunderts, hat sich im 1. OG
erhalten. Ein Unterzug teilt sie in zwei gleich
gestaltete Teile. Um die rechteckigen Spiegel
sind jeweils die zeittypischen Schmuckformen, bänderartige
Verzierungen und Laubwerk, angeordnet.
Ebenfalls in diese Zeit ist das barocke
Hinterhaus, das das Grundstück zur bereits erwähnten
Gasse der Lampertikapelle schließt, einzuordnen.
Es handelt sich um einen symmetrischen dreigeschoßigen
verputzten Fachwerkbau. Darüber erhebt sich ein
Steildach. Die Mittelachse ist durch einen
giebelbekrönten Erker und ein schmuckvolles
Portal, mit gesprengtem Giebel und floralem
Ornamenten, akzentuiert. Innen hat sich eine schön
gestaltete bauzeitliche Treppe erhalten.
Unbemerkt von der Öffentlichkeit, geriet das
Haus durch Vernachlässigung in einen so
schlechten Zustand, daß bereits in den 80er
Jahren kaum noch Hoffnung auf eine Rettung
bestand. Nachdem auch nach der Wende keinerlei
Erhaltungsmaßnahmen ergriffen wurden, ist das
Gebäude 1997 im oberen Stockwerk und Dach
zusammengebrochen. Derzeit wird es abgerissen.
Im 19. Jahrhundert entstand zwischen dem
Vorderhaus und dem barocken Flügel ein weiteres
Hofgebäude, welches das Grundstück in zwei Höfe
teilte und zu Wohn- und Lagerzwecken genutzt
wurde. Die Fassadengestaltung ist recht qualitätvoll
in Klinker ausgeführt. Somit entstand eine Gebäudeanlage,
die trotz ihrer hohen Auslastung des Grundstücks
nicht überladen wirkt.
Über die ersten Besitzer des Marktes 17 ist
nichts bekannt. Daß es zum Schönitzschen Besitz
gehört hat, wie Schultze-Galléra behauptet, ist
eher unwahrscheinlich. Nachgewiesenermaßen war
sein Wohnhaus die Nr. 15/16. Am 3. August 1636
erwirbt der Apotheker Dr. Urban Teißer das Haus
zum Blauen Hirsch, dem Markt 17. Er ist der
Besitzer einer traditionsreichen Apotheke, die
danach über 350 Jahre den Namen des Hauses
tragen soll. Die Tradition dieser Apotheke reicht
bis in das 16. Jahrhundert. Am 2. August 1535
erhielt Johann Niklas von Wiehe von Kardinal
Albrecht das Privileg für eine Apotheke. Er eröffnete
diese am Markt, im Haus »Zum goldenen Ring«.
Nach seinem Tod wurde sie im Familienbesitz
weitergeführt. Später, wahrscheinlich 1623,
wurde die Apotheke in das Eckgewölbe des alten
Rathauses verlegt, bis sie im Haus zum Blauen
Hirsch endgültig ihren Platz fand und bis 1991
hier betrieben wurde.
Das Haus zum Blauen Hirsch wird derzeit für eine
umfassende Sanierung vorbereitet. Weitere
begleitende Bauuntersuchungen und viel
Fingerspitzengefühl bei der Behandlung der kaum
geschädigten historischen Substanz könnten die
Chance für ein Denkmal eröffnen, das
seinesgleichen in Halle sucht. |
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