Vornehmste Prospecte der....Stadt Halle, aus dem
Jahre 1725 (Stadtarchiv)
"Blauer Hirsch" um 1920
Aufn.: Stadtarchiv
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In Vorbereitung
anstehender Sanierungsarbeiten an den Häusern
der nördlichen Marktseite haben Studenten der
Universität Bamberg diese untersucht und einige
bemerkenswerte Befunde machen können, die uns
einen Blick auf die spätmittelalterliche
Bebauung des Marktes eröffnen. Demnach wurde die
Straßenfront zwischen der Gasse »Zum Kühlen
Brunnen« und den Kleinschmieden in drei
Bauabschnitten im Verlauf des 16. Jahrhunderts
neu erbaut. Auffallend ist, daß in jener Zeit
alle drei Häuser mit verzierten Giebel
ausgestattet waren, obwohl diese nicht sichtbar
sind. Hier läßt sich die schrittweise
Neubebauung des Platzrandes nachvollziehen. Der
jeweils freistehende Giebel des Neubaus wurde
verziert und der des Nachbargebäudes verdeckt.
Beim Bau des Markt 18 in der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts, (das Renaissancegebäude mußte
1889 einem gründerzeitlichen Geschäftshaus
weichen) diente wohl sogar das Haus zum blauen
Hirsch als Vorbild. Lediglich ein Stockwerk höher
war es ebenso wie das Nachbarhaus mit zwei
Volutengiebeln zum Markt und einem weiteren zum
Kleinschmieden versehen. Die mehrfachen Umbauten
der Häuser 15 17 seit der Barockzeit und
der Verlust des Eckgebäudes Nr. 18 lassen heute
kaum etwas von der einstigen Pracht dieser Straßenfront
ahnen. Am Beispiel des blauen Hirsch möchte ich
versuchen, ein Bild vom urprünglichen Aussehen
des Gebäudes zu zeichnen.
Das Haus Markt 17 wurde 1533/34 erbaut, ursprünglich
dreigeschossig mit hohem Satteldach. Es ist
vier Fensterachsen breit und steht traufseitig
zum Markt und war an jener Seite mit zwei
geschweiften Renaissancegiebeln bekrönt. Die älteste
Abbildung des Hauses, auf dem »Vornehmsten
Prospecten der....Stadt Halle«, aus dem Jahre
1725 ist die einzige Darstellung des Hauses, die
auch straßenseitig die zwei geschwungen Giebeln
zeigt. Diese sind bei der Aufstockung zehn Jahre
später verloren gegangen. Das Haus ist bündig
an das Schönitzsche Wohnhaus angebaut und
verdeckt einen spätgotischen Maßwerkgiebel,
dessen westliche Entsprechung bis heute in der
Gasse zum Kühlen Brunnen erhalten blieb. Auch an
der Westseite wurde der Markt 17 wieder mit einem
verzierten Giebel versehen, der bereits eine
Rennaissance-Prägung erhielt. Bei
Bauuntersuchungen konnte dieser fast vollständig
erhaltene Giebel nachgewiesen werden. Er besitzt
eine geschweifte Umrißform und ist durch
vertikale und horzontale Bänder gegliedert. Den
beiden oberen Dachgeschossen sind am
Giebeldreieck jeweils 2 Vorhangfenster zugeordnet.
Als Vergleich könnte man den Giebel der
Rannischen Straße 9 heranziehen, der eine ähnliche
Umrißform und Lisenengliederung aufweist.
Ebenfalls am Ostgiebel, im ersten Obergeschoß,
ist eine Türöffnung nachweisbar. Diese könnte
auf einen Balkon geführt haben oder sie diente
als Zugang zum Haus über eine Außentreppe.
Zumindestens zeigt der Befund, daß der gesamte
Ostgiebel in der Erbauungszeit freigestanden hat.
Da sich im Lehnbuch von 1608 für das Grundstück
Markt 18 im ersten Viertel des 16. Jahrhundert
bereits Grundeigentum nachweisen läßt und somit
das Grundstück schon bebaut war, erhärtet sich
die These, daß zwischen den Häusern 17 und 18
eine Gasse bestanden hat die zur Lampertikapelle
führte. Ein kleiner Rest dieser Gasse ist in
alten Karten noch hinter den Grundstücken
Kleinschmieden 2/3 nachweisbar.
Der Kernbau aus dem Jahre 1533/34 ist fast vollständig
erhalten, wenn auch heute nicht mehr äußerlich
erkennbar. Die Grundrißgestaltung ist im ersten
und zweiten OG zweizonig, mit ungeteiltem, großem
Raum zum Markt und einem kleineren rückwärtigen
Raum. Im Erdgeschoß hat sich ein bauzeitlicher
Seitenflügel an der Westseite des Hofes erhalten.
Dieser schließt direkt an den Kernbau an und
zieht sich ca. 6 Meter in den später gründerzeitlich
überbauten Hof hinein. Fortsetzung
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