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"Rote Liste" > Beitrag 14
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Ein Gelehrtenwohnhaus an der
Stadtmauer
Mauerstraße 2
F. Graßl |
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Mauerstr. 2 in den 80er Jahren
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Maskenfels des Mittelrisalits
(Aufn.: F. Graßl)
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Die
Mauerstraße befand sich ehemals direkt hinter der südlichen
Stadtmauer von Halle (alte Bezeichnung "Hinter der
Mauer") und gehörte somit zur Amtsstadt Glaucha.
Sie verband den Steinweg als der Hauptstraße von Glaucha
mit der Glauchaer Südvorstadt. 1817 erfolgte die
Eingemeindung dieses Viertels. Noch bis in die neunziger
Jahre des 19. Jahrhunderts hinein stand auch auf der
rechten Seite der Mauerstraße eine geschlossene Häuserreihe,
direkt an bzw. über der äußeren Stadtmauer, hinter der
in Richtung Stadt der alte Stadtgraben lag. Diese Häuser
wurden nach 1895 im Zusammenhang mit der Niederlegung der
Stadtbefestigung abgerissen. Schultze-Galléra zufolge
befand sich auf dem Gelände der heutigen Mauerstraße 2
zuerst die sogenannte Kaffeebrennerei, das Gründlersche
Haus. Es ist nicht restlos geklärt, ob dieses Gründlersche
Haus identisch mit dem barocken Gebäude ist, welches,
abgesehen von dem großen Umbau 1870 noch heute in seinen
Grundzügen besteht. Die für das Haus ehemals geltende
Nr. 1725 ist noch im Schlußstein des Portals zu sehen. Für
den Barockbau ist belegt, daß er seit 1811 den
Franckeschen Stiftungen gehörte, welche ihn 1820 für
2028 Taler an den Theologen und Sprachwissenschaftler
Prof. Johann Severin Vater verkauften. Vater galt vor
allem auf dem Gebiet der slawischen Sprachen als Autorität
und beherbergte 1823/24 den späteren Begründer der
modernen serbokroatischen Schriftsprache, Vuk
Stefanowitsch Karadzic.
Nach Vaters Tod im Jahre 1826 verkaufte die Witwe 1830
das Grundstück an den Professor der Medizin Heinrich
Theodor Schreger. Dieser starb 1833. Bei den nun
folgenden Besitzern handelte es sich zum einen um den
Landgerichtsrat und Stadtverordneten Knapp, sowie um den
Arzt und Kreisphysikus Dr. Gustav Ludwig Hertzberg,
welcher das Haus 1840 für 4500 Taler kaufte. |
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Plan vom Umbau 1870
(Landesamt für Denkmalpflege, Archiv)
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Im Januar 1870 erwarb der Baumeister Albert
Schulze das Gebäude in der damaligen Mauergasse (erst ab
1893 Mauerstraße) für 9000 Taler. Er plante und veranlaßte
bis zum Herbst 1870 grundlegende bauliche Veränderungen,
durch die das Haus sein jetziges spätklassizistisch geprägtes
Aussehen erhielt, welches vor allem in der repräsentativen,
schmuckreichen Neugestaltung der Fassade deutlich wurde.
Aus dem Umbauplan wird ersichtlich, daß auf das
zweigeschossige verputzte Fachwerkhaus eine dritte
Fachwerk-Etage aufgesetzt wurde. Anstelle des hohen, mit
Ziegeln gedeckten Satteldaches wurde das Haus nun von
einem relativ flachen Schieferdach mit abschließender
Balustrade bekrönt. Die Symmetrie der Fassade sowie die
Erhöhung der Portalachse als Gestaltungselemente wurden
beibehalten, die Portalachse erhielt nun eine flache Übergiebelung.
Die sich schon bei dem barocken Gebäude nach hinten
erstreckenden zwei Seitenflügel, verbunden durch eine
Galerie, erhöhte man um ein Geschoß. Hinter dem Haus
wurde ein Garten angelegt. Ein Foto, wahrscheinlich aus
der Zeit um 1900, zeigt, wie sich das Gebäude zur Straßenseite
hin nach dem großen Umbau präsentierte. So erfuhr die
Durchfahrt eine Verengung, indem man zurückgesetzt vom
bereits bestehenden Korbbogenportal ein weiteres,
klassizistisch geprägtes Portal einzog. Zwei aus dem
Mauerwerk hervortretende Pilaster rahmten nun die
Eingangstür. Die vorhandenen Fenster der Frontseite
wurden hinsichtlich Größe und Ornamentierung den
Fenstern der neuerbauten obersten Etage angepaßt und an
Sturz und Sohlbank entsprechend mit Verzierungen versehen.
Die Fenster der Obergeschosse haben perspektivisch sich
verjüngende Ohrfaschengewände aus Holz. Die genutete
Putzfassade täuscht Quadermauerwerk vor. In der
Mittelachse der Fassade befinden sich zwei längsrechteckige
Felder mit je einer Maske im Zentrum. Im Erdgeschoß des
Hauses haben sich die barocken Sandsteingewände
erhalten, auch fußt der Bau auf einem älteren Tonnengewölbe. |
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Grundriß vom Umbau 1870
(Landesamt für Denkmalpflege, Archiv)
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Seit
Anfang der 80er Jahre steht das Gebäude leer. Als eine
Folge davon wurde im Oktober 1992 die Haustür von 1870
gestohlen. Putzbrocken lösten sich großflächig von der
Fassade, das Dach des Giebels ist stark beschädigt. Die
Rückseite des ist Hauses ungesichert, glücklicherweise
aber nicht direkt zugänglich, da sich im Anschluß daran
das Krankenhausgelände befindet.
Heute ist nur noch der südwestliche Seitenflügel
erhalten Dieser sowie der Galerieteil befinden sich in
einem Zustand, der nur noch den Abriß bedeuten zuläßt,
auch um das Hauptgebäude nicht zussätzlich durch
Schwammbefall zu gefährden.
Es hat den Anschein, daß der Besitzer des Gebäudes sich
entschlossen hat, dem weiteren Verfall Einhalt zu
gebieten und eine - von der Stadt angeforderte -
Sicherung des Hauses verbunden mit Reparaturmaßnahmen zu
veranlassen. Nun bleibt abzuwarten, inwieweit diese
Arbeiten auch ausgeführt werden.
(Stand:1998) |
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Anmerkung
(März 2001):
Das Gebäude wird momentan abgerissen, um einem Neubau
Platz zu machen. Das 1998 gestellte Gerüst diente
lediglich der Sicherung der Passanten vor herabfallenden
Bauteilen.
Es zeigt sich wieder einmal, daß die konsequente
Vernachlässigung von Baudenkmalen mit genehmigten Abrißanträgen
belohnt wird. |
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