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Kulturstadt Halle: Eine Galerie steht zur Disposition

H. Löhr



Marktschlößchen, 50er Jahre
(Aufnahme: Danz/Stadtarchiv)



Seit 1976 befindet sich im Erdgeschoß des Marktschlößchens die Galerie des halleschen Verbandes Bildender Künstler, eine Einrichtung, die durch Engagement und gute Konzeption eine wichtige Rolle im kulturellen Leben der Stadt spielt. Im Vordergrund steht die Präsentation regionaler Künstler, darüber hinaus wurde mit einzelnen Ausstellungen immer wieder der Blick auf internationale Kunsttendenzen geöffnet. Der nur vierwöchige Ausstellungsrhythmus und ein anspruchsvolles Begleitprogramm mit Vorträgen, Lesungen und musikalischen Veranstaltungen, das der Galerieleiter Ulrich Zeiner organisiert, machen die Galerie zum wichtigsten kulturellen Anziehungspunkt am Marktplatz. Die günstige Lage mit großen Fenstern von drei Seiten stellt den Kontakt zu Menschen her, die sonst nie eine Galerie betreten würden.

In den letzten Jahren wurden immer wieder Überlegungen laut, die Galerie von ihrem angestammten Platz zu verdrängen. War es anfangs Planungsdezernent Dr. Friedrich Busmann, der hier gern seine Stadtmodelle und Ergebnisse städtebaulicher Wettbewerbe öffentlich präsentiert hätte, ist es nun Noch-Wirtschaftsdezernent Hans-Dieter Walter, der für einen neuen Standort der Tourist-Information kämpft.

Diese ist zweifellos wichtig und in der nur über Treppen zu erreichenden Umbauung des Roten Turmes auch tatsächlich nicht ideal aufgehoben. Eine Lösung für diese Einrichtung darf aber doch wohl nicht auf Kosten einer anderen erfolgen. Der Vorschlag, die Galerie in die erste Etage des Marktschlößchens zu verbannen, zeugt von wenig Verständnis für die Bedürfnisse einer Galerie. Aus dem Blickfeld gerückt hätte sie kaum eine Überlebenschance. Der Nachdruck, mit dem der Verein Halle-Tourist genau diese Lösung für sich fordert, ist kein besonderer Ausdruck von Kollegialität. Und der vorgeschlagene Kompromiß, beiden Einrichtungen »Antrittsflächen« im Erdgeschoß zu geben, entschärft das Problem nur geringfügig – es bleibt eine Verdrängung.

Die Tourist-Information soll – so heißt es – unbedingt in einem stadteigenen Gebäude untergebracht werden. Dabei sind an anderer Stelle Anmietungen für die Stadtverwaltung kein Problem, selbst bei hohen Mietpreisen (z.B. knapp 12 Euro/m2 für das Technische Rathaus). Auch Halle-Tourist sollte ursprünglich in den zum Kühlen Brunnen gehörenden Marktplatz 16 einziehen – offensichtlich hat es jedoch mit der FRANKONIA keine Einigung über die Modalitäten gegeben (und so bildet der wertvolle Renaissancebau weiter eine verfallende Brache). Am Markt und in unmittelbarer Nähe stünden aber noch mehrere andere Gebäude für eine neue Nutzung zur Verfügung.

Kulturstadt Halle? Es reicht nicht aus, sich als zukünftiger Sitz der Bundeskulturstiftung zu feiern. Kulturstadt heißt Verpflichtung, Verantwortung und zumindest erst einmal Verständnis für bestehende Kultureinrichtungen. Nur dann kann Halle ein kulturelles Niveau erwerben und halten, das seiner Bedeutung angemessen ist.