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Eigenheime statt Dorfkernerhaltung:
Lettin C. Feigl |
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Wohnhaus Domänenstr. 1 (Aufn.: C. Feigl) Dorfplatz 1951, im Hintergrund Neben- gelasse und Scheune der Domänenstr. 1 (Aufn.: Stadtarchiv)
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Der
Drang, ein wenn auch kleines, aber eigenes, möglichst
freistehendes Eigenheim zu besitzen, macht schon lange
nicht mehr halt vor der historischen Bebauung der
ehemaligen, heute eingemeindeten Dorflagen. In Lettin
mußte im März/April dieses Jahres das auf einem 2.000
m2 großen Grundstück stehende barocke Wohnhaus
Domänenstraße 1, samt Nebengelaß weichen. Geplant ist,
das Grundstück mit fünf Eigenheimen und zwei
Doppelhäusern zu bebauen. Dies ist besonders bitter, da
der alte Lettiner Dorfkern bisher nur wenige
Veränderungen erfahren hat und die Neubautätigkeit sich
eher am Ortsrand abspielte. Nun wird mit einem Schlag der
Charakter der historischen Siedlung wesentlich gestört.
Hinzu kommt, daß der sehr gute Bauzustand des barocken
Gebäudes einen Abriß in keiner Weise rechtfertigte. Es
muß als klare Fehlentscheidung der Denkmalbehörden
gewertet werden, die Klausel der wirtschaftlichen
Unzumutbarkeit auf dieses Gebäude anzuwenden. Das Dorf Lettin zieht sich entlang dem Hange zur Saale in nord-südlicher Richtung hin. Vor der die Siedlung westlich begrenzenden romanischen Kirche befand sich der Dorfplatz und an deren östlichem Rand das Gehöft, das heute die Bezeichnung Domänenstraße 1 trägt. Es handelte sich bei dem Ensemble um einen Vierseitenhof. Auf der nördlichen Seite stand eine barocken Scheune, die vermutlich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts abgebrochen wurde. Demgegenüber befand sich das Wohnhaus ein wohlproportionierter symmetrischer barocker Bau. Über dem massiv aus Porphyr gemauerten Erdgeschoß erhoben sich eine verputzte Fachwerketage und ein Krüppelwalmdach. Betrat man das Haus durch das schlichte, mit einem Oberlicht versehene Sandsteinportal, stand man zunächst in einer geräumigen Diele. Links und rechts gingen je zwei hintereinander liegende Räume ab. Gegenüber befand sich die bauzeitliche viertelgewendelte Holztreppe, die die obere Etage erschloß. Die Geländerstäbe waren als Brettbaluster ausgebildet. Das Obergeschoß entsprach in seiner Raumaufteilung dem Erdgeschoß. Die Innenausstattung, wie Türen und Fenster, war von einfachster Art, wie man es von einem bäuerlichen Wohnhaus erwartet. Besonders eindrucksvoll offenbarte sich jedoch der Dachstuhl ein Pfettensparrendach mit liegendem Stuhl, der mit seinen überdimensionierten Querschnitten für die Ewigkeit gebaut schien. In einem entsprechend guten Erhaltungszustand stellte er sich bis zum Schluß dar. Überhaupt machte das Haus einen sehr soliden Eindruck und wies keine gravierenden Bauschäden auf. Die Wohnung sah zwar abgewohnt und nach jahrelangen Leerstand entsprechend verwahrlost aus, aber mit verhältnismäßig geringem Aufwand wäre das Haus problemlos sanierbar gewesen. Doch das spielte offensichtlich bei der Abwägung über den Abriß keine Rolle. Das relativ große Grundstück, aus dem die maximale Wohndichte herausgeholt werden soll, sowie die fehlende Phantasie, mit der man sich vorstellen könnte, daß sich in einem barocken Haus wesentlich attraktivere Wohnungen herrichten lassen als in einem Eigenheim »von der Stange«, führte wohl zu der Entscheidung, das Haus abzubrechen. So verlor Halle ein weiteres barockes Baudenkmal und der historische Dorfkern von Lettin ein markantes Gebäude. |
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Hintergrund: Das Dorf Lettin Das Geschichte des Dorfes Lettin geht auf die Gründung eines festen Kastells der karolingischen Zeit zurück. Durch die topographisch günstige Lage auf einer Porphyrkuppe über der Saale war es möglich, den Engpaß des Flusses nach Norden wie nach Süden militärisch zu beherrschen. Im 12. Jahrhundert ist das Kastell mit dem Geschlecht derer von Wrankenstein verbunden. Gebhard von Wrankenstein wird 1182 als Zeuge in der Bestätigungsurkunde des Klosters Neuwerk und 1184 in der Konfirmation der Güter des Petersberges genannt. Später gehörte das Terrain des Kastells den Herren von Lettin, die auch dem Ort ihren Namen verliehen und nach deren Aussterben 1461 der Familie Mordal (Morl). 1608 erwarb das Domkapitel zu Magdeburg die inzwischen stattlichen Güter und schlug sie dem Amt Giebichenstein zu. Im Dreißigjährigen Krieg, am 25. Februar 1636, wurde das Dorf vollständig niedergebrannt. Einzig die romanische Kirche und überbaute Reste der Domäne erinnern heute noch an die mittelalterliche Siedlung. So ist es auch zu erklären, daß die meisten Gehöfte, sowie das Pfarrhaus und einige Wohnhäuser des alten Dorfes dem 17. und dem frühen 18. Jahrhundert entstammen, als das Dorf wiederaufgebaut wurde. |
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