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Die Freyberg-Brauerei J. Engelhardt |
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Ansicht der Freyberg- Brauerei von der Saale (Aufn.: W. Schönfeld) Gebäude 1-4 (v.l.n.r., siehe Lageplan) Aufn.: J.Engelhardt Lageplan Turmaufsatz auf dem Sudhaus Aufn.: J.Engelhardt Oktogontreppenturm des Kesselhauses Aufn.: J.Engelhardt Flaschenbierabfüllung im Nordflügel Aufn.: J.Engelhardt |
»An
der Saale hellem Strande stehen Burgen stolz und
kühn
« Das
Lied besingt romantisierend die Ruinen einer längst
vergangenen Zeit. Dem Wanderer begegnen entlang des
Flusses aber auch jüngere, burgenartige Relikte, die vom
Glanz der Stadt in einer anderen Zeit künden. Halle erlebte Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung eine wirtschaftliche Blüte, die den Charakter der Stadt wesentlich prägte. Die Stadt entwickelte sich als Standort von Zuckerindustrie, Maschinenbau, Eisenbahn und anderen Branchen. Auch das Brauereiwesen nahm einen enormen Aufschwung. Die Freyberg-Brauerei
geht, wie auch die zweite große Brauerei in Halle, in
ihren Wurzeln auf die Familie Rauchfuß zurück. 1816
gründete der Stärkefabrikant Christian Gottfried
Rauchfuß das Unternehmen am Großen Berlin, sein Sohn
Friedrich Wilhelm Herrmann Rauchfuß führte es ab 1846
weiter, 1879 übernahm dessen Neffe Herrmann Freyberg die
Leitung des Betriebes. Unter seiner Regie begann ein
stärker fachwissenschaftlich begründetes Brauen, das
Unternehmen expandierte und kaufte einige kleinere
Brauereien auf. Aus der Blütezeit der Brauerei stammen die wichtigsten Teile des Ensembles: Das Eckhaus an der Südostecke beherbergte in einem dreigeschossigen Ziegelrohbau das Kontor und Büroräume. Imposanter erscheint das angrenzende Gebäude mit dem hölzernen Dachaufsatz. Als Herzstück der Anlage erhielt das Sudhaus (gebaut in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, 1923 bis 1926 umgebaut) einige schmückende Ausgestaltungen, so die krönenden Türmchen und schmiedeeiserne Verzierungen. Maschinenhaus, Kesselhaus (mit Treppenturm-Oktogon), Räume der Faßbierabfüllung und das Pumpenhaus sind, wenn auch beschädigt, erhalten; komplett eingestürzt ist mittlerweile der Raum der ehemaligen Eismaschine. Das Schwankhallengebäude, das die Brauerei zur Saale hin abschließt, besaß in den östlichen Kellerräumen Gärungs- und Abfüllanlagen sowie Lagermöglichkeiten, zur Flußseite grenzt ein massiver Sockel ab. In den beiden Geschossen darüber befanden sich Werkstätten, im ausgebauten Dachboden die eigentliche Schwankhalle. Hier reinigte und sterilisierte man die Fässer und dichtete diese ab. Spuren der Arbeit sind an dieser Stelle und allerorten zu sehen. Dem 1912 gebauten Haus wurde als Schaufront eine reich gegliederte Fassade vorgeblendet, die sich am Jugendstil orientiert und in ihrer eleganten Gestaltung und ihrer Luftigkeit ein Kleinod der Industriearchitektur und der Fassadengestaltung darstellt. Das Dach der Schwankhalle wurde weitgehend gesichert, doch dringt auch hier Wasser durch defekte Dachluken und Lichtschächte ein. Zur Hofseite hin weist das Gebäude starke Schäden auf, einige Mauerteile fehlen. Seit September 2000 steht an der Fassade ein Gerüst der Firma Blitz- Gerüstbau Rommel, Sanierungsarbeiten sind bisher nicht erfolgt. Im Norden des Geländes
begrenzen das Kühlhaus (mit Aufzugsturm), Lager- und
Belegschaftsräume sowie die Halle für die
Flaschenabfüllung (1926 bis 1928 erbaut) das Areal.
Über letzterer befanden sich Wohn- und Büroräume,
ebenso Labors. Als letzter großer Teil der Brauerei
wurde 1936 das relativ freistehende Gebäude im Nordosten
gebaut. Im Keller beherbergte es u.a. Sanitärräume der
Belegschaft, im Erdgeschoß Werkstätten und im
Obergeschoß den sogenannten Kameradschaftssaal. Über
den rot geklinkerten Treppenturm erreichte man die große
Dachterrasse, die der Belegschaft in Arbeitspausen zur
Verfügung stand. Die Räumlichkeiten sind in relativ
gutem Zustand. Insgesamt gesehen stellt
die Freyberg-Brauerei keinen geschlossenen
architektonischen Komplex dar. Entsprechend den
Anforderungen ist sie gewachsen und wurde gestaltet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Freyberg-Brauerei und die Mitteldeutsche Engelhardt AG 1947 verstaatlicht und unter staatlicher Regie (VENAG) fusioniert. Unter wechselndem Namen braute die Brauerei Halle im Rahmen des VEB Getränkekombinates Halle bis 1990 Bier. Nach der Übernahme durch EKU Kulmbach wurde bis 1993 im Betriebsteil Böllberger Weg Bier abgefüllt, dann wurde auch dort der Betrieb eingestellt. Trotz mehrfach genährter Hoffnungen kam 1996 mit der Auflösung der Meisterbräu GmbH das endgültige Aus für das Brauereiwesen in Halle. Bereits 1995 hatte es
einen »Wegnahmeantrag« des Besitzers (EKU) gegeben, der
aber im Juni durch die obere Denkmalschutz- Ein anderer Ansatz, die alte Brauerei mit neuem Leben zu erfüllen war der seit Oktober 1994 laufende »Tanzpalast Kantine« (mit dem Cafe Nöö und dem Objekt 5 als Betreiber). Aber auch diesem Projekt war keine Dauerhaftigkeit beschieden. Am 7.9.2000 erschien die Freyberg- Brauerei noch einmal in den Schlagzeilen der Presse: Ein Brand hatte Teile des Betriebes zerstört. Die FAZ schrieb am 9.9.2000 unter dem Titel Heiße Sanierung: »Am Vorabend des Tages des europäischen Denkmals ist die historische Brauerei in Halle ausgebrannt.« Parallelen zu den Bränden in den Papierfabriken und in der Maschinenfabrik wurden gezogen. War dies das endgültige Sterben der traditionsreichen Brauerei? Stadt in der Stadt. Ein MZ-Artikel von M. Schramme am 27.2. 2001 weckte neue Hoffnungen. Nach einem Gespräch mit dem neuen Besitzer Herrn S. Weiner (Kauf zu Anfang dieses Jahres) wurde der Beginn eines Wohnprojektes in ca. zwei Jahren, die Wiederherstellung der Schwankhallenfassade bis Ende Juni angekündigt. Letzteres war wohl ein wenig übereilt, denn bisher wurde noch nicht am Objekt gearbeitet. Ein Gespräch mit Herrn Weiner (u.a. auch Investor auf dem Gelände gegenüber der Brauerei inklusive des Supermarktes und der Kneipe BACKSIDE; zur Zeit Sanierung der Großen Ulrichstraße 26) am 14.06.2001 ergab folgenden aktuellen Stand: Es gibt für das (Wohn-) Projekt Freyberg-Brauerei einen potentiellen Betreiber, ein großes Architekturbüro in Halle arbeitet an einer Konzeption, die Ende Juni vorliegen soll. Bleibt zu hoffen, daß der jetzige desolate Zustand der Brauerei sich nicht weiter verschärft und möglichst viel vom baulichen Ensemble erhalten werden kann. Sicher müssen und können nicht alle Bauten, nicht alle Industriedenkmale erhalten werden. Doch zeigen gerade einige erfolgreiche Umnutzungen, was möglich ist: Wohnprojekte in alten Kraftwerken in Wien und Berlin, die Yenidze in Dresden, der Bayrische Bahnhof in Leipzig oder auch das VW- Autohaus in Halle, gegenüber, am anderen Ufer der Saale. »An der Saale hellem Strande « Die Freyberg-Brauerei hätte es verdient, uns weiterhin an ein Stück Stadt- und Industriegeschichte zu erinnern. |
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